Herstellung eines Manteau

Teil 3: Vorbereitungen und Material

 

Es ist Absicht, daß der Schnitt vor den Vorbereitungen kommt: Wenn Du Dir die Seite über den Schnitt durchgelesen hast, hast Du schon eine Ahnung davon, wie die Stoffmenge zu bestimmen ist.

Der Stoff

Es gilt im Grunde das für Stoffe des 18. Jh. gesagte. Die erhaltenen Manteaux sind, wenn ich mich recht entsinne, alle aus Seide (royalblau, himmelblau und dunkelgrün). Uni, Streifen oder Brokat wären denkbar. Baumwolle kann ich mir dafür nicht vorstellen, eher schon feine Wolle bzw. Wolldamast. Über Farben weiß ich wenig zu sagen, da aus dieser Zeit fast nur Stiche erhalten sind, aber sehr wenige Gemälde - die mir nur in schwarzweiß vorliegen - und, wie gesagt, kaum Originale. Anders als für das 18. Jh. erscheinen mir Stoffe, deren Muster sich klar in Rechtecke unterteilen läßt (wie es für "barocke" Möbelstoffe typisch ist), zumindest für die Zeit um 1690-1710 geeignet. Unis scheinen aber vorherrschend gewesen zu sein, außer um 1680-90, wo Streifen sehr beliebt waren.

Da der Rockteil des Manteaus hinten hochgenommen wird, ist z.T. die Rückseite des Stoffes sichtbar. Folglich sind Stoffe, die auf der Rückseite ebenso gut aussehen wie auf der Vorderseite, am besten geeignet. Das bedeutet nicht, daß sie auf beiden Seiten gleich aussehen müssen, im Gegenteil: Die Schleppe sieht sogar noch besser aus, wenn die Negativseite eines Damastes oder die stumpfe Seite eine Satins hervortritt. Ansonsten muß der Rockteil des Manteaus gefüttert werden, um die unansehnliche Seite zu verbergen - entweder mit neutralem, einfarbigem Stoff, oder mit dem Oberstoff. Bei der Berechnung der Stoffverbrauchs ist das zu berücksichtigen.

Wie bei der Contouche variiert der Stoffverbrauch nicht so sehr mit der Breite als vielmehr mit der Länge der Gestalt und obendrein mit der Länge der Schleppe. Alle mir bekannten Manteaux haben Schleppen, die irgendwo zwischen 40 und 100 cm Bodenauflage haben. Die Stoffrechnung bei 150 cm Breite geht in etwa so:

Anders als bei der Contouche reichen 150 cm Stoffbreite für beide Rückenteile, auch bei langen Figuren. Bei einer Körpergröße von 160 heißt das z.B. gemäß der Aufstellung oben (160+40)+140+100+50+220=710 cm. Das ist allerdings ziemlich knapp gerechnet - ich habe 30 cm mehr als das gebraucht. Leg also noch mindestens 50 cm drauf! Wenn das Muster der Seitenkeile nicht kopfstehen darf, addiere einmal die Länge Taille bis Boden.

Da es bei Manteaux zumindest nach 1690 öfter vorkam, daß die Jupe aus einem anderen Stoff war als das Manteau, kann man auch mit 550 cm des einen und 2 m des anderen Stoffes auskommen.

 

Sonstiges Material

Wie die Contouche sollte das Manteau auf ein festes Futter aufgearbeitet werden, idealerweise aus Leinen. Rechne 50x150 cm. Ersatzweise eignen sich andere kräftige, leinenbindige Stoffe.

2-3 Meter Taillen- bzw. Bundband für den Unterrock (z.B. Fischgrätband, leinenbindiges Band, oder Streifen des Kleidstoffs - keine moderne Bundeinlage!). Dazu noch zwei Knöpfe oder knopfähnlich geformte Holzscheiben. Es dürfen gern potthäßliche und/oder Vierlochknöpfe sein, denn sie werden sowieso bezogen wie hier beschrieben. Knöpfe mit Stiel sind weniger geeignet. Bitte keine Rohlinge für bezogene Knöpfe aus dem Kaufhaus!

Für die Schlaufen, mit denen man die Schleppe an den Knöpfen aufhängt, eignet sich etwas dickeres Leinengarn, Perlgarn, Knopflochseide oder ähnliches (evtl. für größere Dicke zur Kordel gedreht), oder schmales Seidenband. Da der Oberstoff mit großer Wahrscheinlichkeit Seide sein wird, empfiehlt sich Seidengarn zum Nähen, ansonsten Leinengarn. Und dann natürlich die üblichen Verdächtigen: Näharn, Heftgarn, Nadeln etc. pp.

Das hier vorgestellte Manteau repräsentiert den Stil von ca. 1690-1710, der Garnitur verträgt, sofern Dir der Sinn danach steht. Dafür könnten Seidenbänder, Quasten, Fransenborte, dichte Klöppelspitze oder Nadelspitze nötig werden. Tüllspitze, Lochstickereispitze oder Seidenblumen eignen sich nicht. Bedenke: Das Manteau gehört stilistisch noch dem Barock an, auch wenn es von der Machart her den Roben des Rokoko mehr ähnelt als denen des Hochbarock. In Stoffmustern und Dekoration hängt das Manteau sehr am schweren, geometrischen Barock und ahnt noch nichts von dem asymmetrisch-verspielten, luftigen Rokoko. Tüll und Blumen passen da einfach nicht, sondern eher Dinge, die unsereins mit schweren Samtvorhängen assoziiert. Deshalb würde ich auch von Garnitur weitgehend abraten: Erstens verwässert sie die geometrische Strenge des Barocks, zweitens verdirbt sie die elegante Linie des Manteaus, und drittens wären die meisten geeigneten Verzierungen verboten teuer, wenn man sie denn finden könnte. Modernen Ersatz, der nicht schon auf den ersten Blick unauthentisch ist, gibt es fast nicht. Nur aus dem 19. Jh. gibt es noch halbwegs brauchbaren Ersatz, und der ist nun mal selten und teuer. Du kannst Dich schon glücklich schätzen, wenn Du genug geeignete Spitze für die Chermisenärmel findest. Mehr darüber, welche Spitze geeignet ist, findest Du hier und später in dieser Anleitung.

 

*) Für kurze, aber breithüftige Gestalten sollte das Vorderteil nochmal um 10-20 cm länger sein. Um evensoviel muß auch die Vorderkante des Keiles länger sein, also Taille bis Boden plus 10-20 cm.
**) Siehe voriges Kapitel: Evtl. minus Länge des Taschschenschlitzes. Wenn es allzu auffällig wäre, daß das Muster auf einer Seite kopfsteht, muß man 2x Abstand Taille bis Boden rechnen, kriegt dafür aber Ärmel und Kleinteile mit raus.
***) Wenn Du eine Hüftrolle drunter tragen willst, was anzuraten wäre, muß der Rock seitlich und hinten entsprechend länger sein.

Teil 4: Drapieren