Handtücher sind wohl das beliebteste Experimentierfeld vor allem für Web-Anfänger – so auch für mich. Als Kette wird, neben reiner Baumwolle, auch gern Cottolin empfohlen, ein Leinen-Baumwoll-Gemisch, das leichter zu handhaben sein soll als reines Leinen. Die Reinleinen-Kette meines nächsten Projekts müßte sich schon sehr zickig anstellen, um diese Behauptung zu bestätigen. Die Kettfäden für dieses Projekt (Cottolin Nm 20/2) haben sich um sich selbst und um ihre Nachbar-Kettfäden gedreht und Knoten gebildet, wo es nur ging. Aber auf dem Weg zu Leinenkette, so dachte ich, müßte ich da durch. Vielleicht wird Cottolin ja auch nur empfohlen, damit einem Leinen danach vorkommt wie a gmahde Wiesn.
Natürlich webe ich keine dicken, modern gemusterten Baumwollhandtücher, wie es die meisten tun. Es muß schon was historisches sein. Auf handweaving.net fand ich Webpatronen, die historischen Webbüchern entnommen waren und irgendwie vertraut aussahen. Erst viel später wurde mir klar, warum: Weiße Papiertischdecken sind oft mit ähnlichen Mustern geprägt. Es sind mehr oder weniger einfache, in quadratischen Blöcken angeordnete Versionen von Damast, die schon damals für Tisch- und Bettwäsche beliebt waren, wie der Eintrag „Damast“ im Frauenzimmer-Lexicon von 1715 bestätigt.
Den Autoren des 18. Jh. waren 8-schäftige Muster anscheinend zu banal; unter 10 Schäften ist da nichts zu wollen, und auch das galt wohl eher als Pipifax. Eine auf 1677 datierte Sammlung enthielt 8-Schaft-Muster, von denen ich eines auswählte. Zum Vergleich hier mal links „meine“ Patrone und daneben eine aus dem 18. Jh. für 30 Schäfte. Beides sind Blockdamaste, nur daß bei der rechten Patrone deutlich mehr Blöcke nötig sind: 6 Blöcke à 5 Schäfte. Ich finde dieses Flechtmuster ja ausgesprochen geil, aber leider kann ich nur 2 Blöcke à 4 Schäfte.
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Patrone #55809 aus Weber Kunst und Bild Buch, Marx Ziegler, 1677 –
8 Schäfte, 8 Tritte
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Patrone #56872 aus Nüzliches Weber-Bild-Buch von Johann Michael Frickinger, 1740 –
30 Schäfte, 30 Tritte
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