Eine Française für Bayreuth

Nachdem es letztes Jahr zeitlich nicht geklappt hat mit einer neuen Protzrobe, soll es die ses Jahr endlich werden. Schließlich ist dieses Jahr auf absehbare Zeit der letzte große Opernbesuch – danach werden sich Gelegenheiten für eine große Robe kaum häufen.
 
Der Stoff ist ein graublauer, recht steifer Seidentaft, den ich mal bei StoffamStück ergattert hatte. 10 Meter habe ich davon, was locker reichen müßte. Trotzdem habe ich den Ehrgeiz, möglichst wenig Verschnitt zu produzieren. Wenn nötig, wird die im 18. Jh. gängige Methode des Stoffsparens eingesetzt: Stückeln. Weil ich immer wieder Klagen höre, daß man sich keinen ordentlichen Seidenstoff leisten könne (und deshalb leider, leider auf Dupion/Viskose/Omas Bettwäsche zurückgreifen müsse), habe ich besonders genau dokumentiert, wie man sparsam zuschneidet. Mal sehen, wieviel von den 10 Metern übrigbleibt.
 
Los geht’s…
 

Zuschnitt Rückenteil: Rechts reicht es nicht ganz.

Zuschnitt Rückenteil: Rechts reicht es nicht ganz.

Eine Stecknadel markiert die Stelle im Schnitt, wo angesetzt werden muß.

Eine Stecknadel markiert die Stelle im Schnitt, wo angesetzt werden muß.

Der erste Zuschnitt ist simpel:  Derjenige Teil des Rückens, der aus der Stoffbreite rausgeht, ist rechteckig. Die Länge enspricht, wie in der Contouche-Anleitung beschrieben, der Körpergröße – und da es eine Protzrobe werden soll, gleich noch 15 cm mehr, für eine anständige Schleppe. (Wer die Anleitung aufmerksam gelesen hat, wird feststellen, daß ich dort den Stoff aufgeklappt und ein halbes Rückenteil aus den vollen 150 cm geschnitten habe. Aber ich habe nie behauptet, daß das die einzig mögliche Methode sei!)
 
Ratsch! abgerissen, fertig. Wichtig ist, festzuhalten, welcher Teil des Papierschnitts noch zugeschnitten werden muß. Weil alles fadengerade und rechtwinklig ist, reicht hier eine Stecknadel.
 

Legt man den Rest des Rückenteils so auf, paßt der Ärmel in der Höhe nur knapp, in der Breite aber bliebe Verschnitt

Legt man den Rest des Rückenteils so auf, paßt der Ärmel in der Höhe knapp daneben, aber in der Breite bliebe viel Verschnitt.

Legt mandas Vorderteil so auf, kann man ein anderes Schnitteil in das Rechteck oben links einpassen.

Legt mandas Vorderteil so auf, kann man ein anderes Schnitteil in das Rechteck oben links einpassen.

Jetzt könnte ich als nächstes den fehlenden Teil des Rückens zuschneiden, aber im rechten Winkel zwischen Seitennaht und oberer Rockteil-Kante bliebe dann ein Rechteck ungenutzt. Zwar könnte man da den Ärmel herausholen, aber trotzdem bliebe viel Verschnitt. Also mache ich erstmal mit den Vorderteilen weiter. Da gibt es zwar das gleiche Problem mit dem Rechteck, aber wenn man da den Ärmel reinbastelt, ist weniger „Luft“ drumherum.
 
Kleiner Trick: Leg die Vorderteile mit dem Saum zum Stoffende hin auf. Auf die Weise hat das übrigbleibende Rechteck Anschluß an den großen Rest des Stoffes, so daß da auch mal ein größeres Schnitteil reinpaßt. Aber Achtung: Wenn der Stoff gemustert ist, muß man alle Schnitteile in der gleichen Richtung auflegen, damit das Muster nicht im einen Teil hoch- und im anderen runterläuft.
 

Und, kriegen wir jetzt das Rückenteil raus? Nur mit sehr viel Verschnitt.

Und, kriegen wir jetzt das Rückenteil raus? Nur mit sehr viel Verschnitt.

Aber so geht's!

Aber so geht's!

Das Rechteck neben dem Vorterteil eignet sich nicht, um den Rest des Rückenteils dort hineinzuschachteln (bild ganz links). Also schneiden wir halt den Ärmel aus diesem Eck. Aber jetzt! Jetzt bin ich nämlichbei den Kleinteilen angekommen (nicht von ungefähr rate ich dazu, beim Zuschnitt mit den größten Teilen anzufangen). Eigentlich fehlen nur noch die drei Ärmelvolants. Die großen zwei zeichne ich freihändig in das „übrige“ Rechteck ein (am oberen Bildrand entlang läuft der Stoffbruch), einen kleineren und einen größeren. Nun will ich natürlich wie beim Vorderteil auch den Rockteil bis zur maximalen Stoffbreite erweitern, und da ist einer der Volants im Weg. Die Überschneidung ist im Bild durch den orangen Umriß oben in der Mitte markiert.

8_stueckeln

Anstückeln an den Rockteil

Ich müßte das Rückenteil also um ca. 10-15 cm nach rechts ziehen, aber dann hätte ich ja wieder Verschnitt. Einen Verschnitt habe ich sowieso schon: die orange Markierung links. Und die paßt in Form und Größe zu dem „fehlenden“ Teil des Rocks wie A… auf Eimer.
 

Seit Tannenberg versuche ich, andere dazu zu bringen, an geeigneter Stelle zu Stückeln (meist erfolglos), weil das so wunderbar authentisch und sparsam ist. Und jetzt darf ich es selber mal machen!

 

Der dritte Volant: Anzeichnung

Der dritte Volant: Anzeichnung

3. Volant: Zuschneiden

3. Volant: Zuschneiden

Nun fehlt nur noch der dritte, der kleinste Ärmelvolant. Den zeichne ich auch freihändig ein. Damit er symmetrisch wird, schneide ich ihn erst nur zur Hälfte aus (linkes Bild), klappe das ausgeschnittene Teil dann um und schneide an dessen Kante entlang weiter (rechtes Bild).
 
 

10_verschnitt

Der Verschnitt

Auweh, die beiden großen Volants habe ich ja im Bruch zugeschnitten – d.h. ich habe bisher erst je einen. Na gut, dann lege ich die fertig ausgeschnittenen halt nochmal auf und schneide das zweite Paar. Außer dem Unterrock, den Volants für den Rock und die Vorderkanten – alles Rechtecke – habe ich ja jetzt alles, und es ist noch viel Stoff übrig. Wieviel, das muß ich erst noch ausmessen. Das Bild links zeigt den Verschnitt – Es reicht kaum für Patchwork, gerade mal für einen der inneren Balken einer Blockhütte. Ganz schön wenig für so eine große Robe, oder?

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