So, heute hab‘ ich es dem fleckig-blauen Stoff ordentlich gegeben!
Das Rezept für die Indigoküpe habe ich einer Userin im Flinkhand-Forum zu verdanken.
Indigo ist in Wasser oder Alkohol nicht löslich, aber in Laugen. Also muß man dem Wasser zuerst eine Lauge zugeben. In den meisten Rezepten ist das Natronlauge (NaOH aka Ätznatron), die man aber in Reinform nicht überall kaufen kann. Historische Rezepte (18.Jh.) verwenden stattdessen z.B. Pottasche oder Ammoniak (den man im Mittelalter noch aus Urin gewann – daher die berüchtigte Urinküpe); das vorliegende Rezept arbeitet mit Waschsoda. Auch Rohrreiniger, die NaOH enthalten, sind geeignet. Das Auflösen in einer Lauge reicht zum färben aber noch nicht: Der Farbstoff kann sich erst fest mit dem Stoff verbinden, wenn er reduziert wurde, d.h. wenn der Sauerstoff entzogen wurde. Dafür benutzt man Natriumdithionit, das in manchen Rezepten auch als Hydrosulfit bezeichnet wird. Das Zeug ist noch schwerer zu bekommen als NaOH (Traub bietet es noch an), aber Entfärber aus der Drogerie enthalten es – die „kräftigeren“ mehr als 30% davon. Der Rest ist meistens – aha! – Soda und natürlich Parfüm.
Für eine Indigoküpe werden 55-60° Temperatur empfohlen. Da das Wetter seit Tagen heiß und sonnig ist, hat die Solaranlage den Wasserkessel auf über 65° aufgeheizt, d.h. ich konnte das Wasser aus dem Hahn benutzen, ohne groß den Herd bemühen zu müssen, was bei der geplanten Menge von 1 kg Wolle und dementsprechend ca. 50 Litern Wasser nicht unwichtig ist. Ich setzte die Stammküpe in einem Topf auf dem Herd an, um den 60° recht nahe zu kommen. Derweil füllte ich mehrere Eimer heißen Wassers in den großen Waschkessel vor dem Haus und weichte den Stoff und das Garn in Wasser ein. Die folgenden Mengenangaben sind alle zirka-Angaben: In 7-8 Liter Wasser @60° kamen 30 g Soda und sicherheitshalber noch ein Eßlöffel Rohrreiniger, die ich gut verrührte, dann 150 g Entfärber und 70-80 g Indigo. Nach Zugabe des Indigos sollte man nurmehr vorsichtig rühren, um nicht unnötig Sauerstoff in die Suppe einzubringen. Wer in Chemie aufgepaßt hat, weiß, daß Oxydation das Gegenteil von Reduktion ist, d.h. in diesem Stadium ist Sauerstoff böööse. Zu diesem Zeitpunkt stinkt die Brühe irgendwie unangenehm – schwer zu sagen, wonach. Im großen Färbebad wird es erträglicher.
Den Topf mit der Stammküpe habe ich nach einigen Minuten, als der Inhalt trüb-gelb geworden war, in den Waschkessel gekippt, und zwar ohne Plätschern (was bedeutet hätte, Sauerstoff einzubringen). Danach wurde die durchnäßte Wolle eingelegt, ca. 30 min. dringelassen und hin und wieder vorsichtig umgerührt.
Wenn man den Stoff herausholt, ist er erstmal leuchtend gelb, aber das ändet sich schnell. Um möglichst wenig Farbe zu verschwenden, zog ich Einmalhandschuhe an (Indigo kann sehr hartnäckig sein) und wrang den Stoff aus, während ich ihn herausholte. Danach breitete ich ihn schnell über zwei Wäscheständer und achtete darauf, daß sich keine Falten bildeten, damit die Luft überall gleichmäßig herankam. Das nämlich ist das Geheimnis des Blaumachens: Daß der zu Gelb reduzierte Indigo durch Luftsauerstoff allmählich wieder zu Blau oxydiert – aber erst, nachdem man den Stoff herausgeholt hat.
Der fleckige Stoff kam in einem mittleren, etwas grünlichen Blauton wieder heraus, war aber nur noch ganz leicht fleckig. Vermutlich wurde die vorhandene Farbe, das Indigocarmin, durch das zugegebene Natriumdithionit reduziert und wurde dadurch praktisch farblos – genau so wie bei den ersten Versuchen, als ich noch glaubte, daß es sich um Indigopulver handele.