Das Trachtenmieder muß nun eine Weile warten, weil ich für eine Scheibenwelt-Mottoparty anfang Februar noch eine passende Klamotte brauche. Ich spiele Nanny Ogg, die als Hexe schwarz trägt, dazu rote Stiefel und eine spitzen Hut. Da ich bei einer Shrek-Mottoparty ein Gewand aus Pannesamt gemacht und den Stoff gehaßt hatte, habe ich beschlossen, diesmal etwas zu machen, das ich auch fürs Hobby brauchen kann. Schwarz ist im 18. Jh. eher nicht verbreitet, aber in meiner Zweitepoche, dem späten 19. Jh., ist es die Farbe für Festtagskleidung der Kleinbürger. Der Oberstoff ist schwarzer Ditte vom Elch.
Als Vorlage für das Oberteil benutzte ich #905 Front Closing Bodice von Past Patterns. Für den Rock hatte ich bereits den Four-gore Underskirt von Truly Victorian, der meines Erachtens für jeden Basisrock der Zeit geeignet ist. Von einem eventuellen Überrock (d.h. der zeittypischen Schürzendrapierung) glaube ich, daß ich das auch ohne Vorlage hinkriege.
Laut Maßtabelle für das Oberteil hätte ich Größe 26 ausschneiden müssen, die es nicht gibt. Ich nahm Größe 24 und gab bei allen Körper-Quermaßen ein paar Millimeter zu, während ich an Schulter, Armloch, Unterkante und am Ärmel 24 ausschnitt – schließlich bin ich breit, aber nicht groß (daher auch Nanny Ogg). Beim abstecken stellte sich heraus, daß ich mir die Mühe nicht hätte machen müssen: An allen Nähten mußte ich 1 cm wegnehmen. Größe 22 hätte locker gereicht, obwohl ich darunter nur mein relativ loses Arbeitskorsett trug.
Normalerweise muß man die Schnitteile nur auf den Stoff auflegen und drumherum schneiden, aber bei Taillen des 19. jh. stellen die Abnäher ein Problem dar: Schneidet man sie ganz aus, verzieht sich der Schnitt dort. Schneidet man sie gar nicht aus, muß man sie mit Kopierpapier durchradeln, und irgendwann ist das Papier so perforiert, daß es reißt. Meine Lösung ist, die Abnäher teilweise auszuschneiden: Das Dreieck oben wird weggeschnitten, dann bleibt ein Querbalken stehen, dann wird wieder etwas weggeschnitten, und ganz unten bleibt wieder ein Querbalken stehen. Auf diese Weite kann man den Abnäher anzeichnen und muß nur dort, wo die Querbalken sind, ein bißchen Augenmaß anwenden.
Ich habe zuerst alle Schnitteile auf den Oberstoff aufgezeichnet und ausgeschnitten. Dann erst konnte ich mich zu einem Futterstoff durchringen: einem karierten Baumwollstoff.
Um die Abnäher vom Oberstoff auf die Innenseite des Futters zu übertragen, steckte ich (senkrecht!) Nadeln alle 2-3 cm durch die angezeichnete Linie. Dann drehte ich das Schnitteil um und zog Linien von einer Nadel zur nächsten. Auch wenn diese Linien nicht allzu genau und glatt waren: Das Abstecken und endgültige Nähen glättete sie automatisch.