Gestern sind neue Faserproben angekommen.
Von Heimatwolle Romney, Wensley, Lincoln.
Vom Wollschaf Teeswater, Texel, Gotland weiß, Lincoln und Devon.
Gotland habe ich sofort aussortiert: Die gelieferte Qualität ist genau so mies wie man mir gesagt hatte, wie das Wensley aus der gleichen Quelle.
Jede Probe habe ich zuerst direkt aus dem Kardenband gesponnen und dann aus einem Kammzug, den ich daraus gekämmt hatte. Beim Kämmen blieben einige kurze Fasern (unter 5 cm) als Abfall übrig, was mich in meiner Meinung bestätigt, daß das kommerzielle Zeug keine Kammzüge sind, auch wenn sie als solche verkauft werden.
Hier zum Vergleich je eine Prise (d.i. ein paar Fasern zwischen Daumen und Zeigefinger gegriffen und herausgezogen), fotografiert auf 32 cm breitem Fotokarton. Die Bilder habe ich extra nicht verkleinert, so daß man ganz gut sieht, daß Devon mit Abstand die gröbsten und glattesten Haare hat, gefolgt von Lincoln…
…und daß Teeswater die anderen wortwörtlich um Längen schlägt.
Devon: Laut Anbieter 40-60 mic, also etwa wie Wensleydale – aber im direkten Vergleich ist das neue Wensley der reinste Flausch. Länge 20-25. Keine Spinnprobe, weil schon beim kämmen klar wurde, daß es nicht in Frage kommt: zu grob, zu glatt.
Lincoln: Angeblich 36-40 mic und 10-15 cm Stapel. Mir erscheint es gröber und länger (20-25 cm, was auch eher dem Begriff longwool entspräche). Gröber und flutschiger als das neue Wensley, gröber als Gotland und ähnlich flutschig. Es ist unmöglich, immer alle harten Faserenden daran zu hindern, wie Stachel überall herauszustehen. Beim echten Kammzug wurde das zu meiner Überraschung sogar noch schlimmer. Trotz kurzen Auszugs hat das Garn sehr viel Halo (d.i. überall herausstehende Faserenden, wie bei Angora, aber in grob).
Romney: Das Heimatwolle-Romney ist länger als das vom Wollschaf (gut 20 vs knapp 20 cm) und scheint mir auch etwas weniger crimpig, mithin näher an dem, was ich mir unter Langwolle vorstelle. Schön zu spinnen. Wird ohne viel Mühe ein sehr dünner Faden und aus echtem Kammzug auch schön glatt.
Teeswater: Soll laut Anbieter 40-60 mic haben, also wie Devon, und 15-30 cm Stapel. Aber von dem bürstigen Devon ist es weit entfernt, sehr nahe am neuen Wensley, auch farblich. Spinnt sich auch fast genau so, und das Garn sieht genauso aus. Man merkt die Verwandtschaft.
Texel: Große Überraschung: Länge und Crimp ähneln sehr stark den englischen Kollegen. Es spinnt sich sehr ähnlich wie Romney und das Garn sieht auch fast genauso aus, auch farblich. Ich hätte vielleicht vorher den Wikipedia-Artikel lesen sollen, wonach man im 19. Jh. Leicester (vermutlich das neue, BFL), Lincoln und Wensleydale eingekreuzt habe. Na dann.
Wensleydale (neu): Diese Probe hat die richtige Stapellänge von 20-30 cm. Läßt sich leicht zu einem dünnen Faden spinnen. Allerdings stehen auch hier viele Faserenden heraus (Halo), nur daß es nicht so schlimm ist wie beim Lincoln, weil die Fasern weicher sind.
Fazit: Lincoln geht gar nicht. Wensley und Teeswater sind grenzwertig, weil ziemlich gelb und wegen des Halos. Ob der ausbliebe, wenn noch Restfett drin wäre? Alle Kardenbänder sind knochentrocken und strohig, irgendwie tot. Ich komme mir streckenweise vor, als ob ich Leinen trocken spinne.
Das neue Romney gefällt mir gut, es macht einem das Spinnen leicht und es ist weiß. Leider ist es auch teurer als das Wollschaf-Romney, aber immer noch billiger als Teeswater und Wensley. Vom wirtschaftlichen Standpunkt her wäre Texel die beste Wahl; mit 1,60 € ist es sogar noch billiger als das Wollschaf-Romney.
Interessante Lektion: Auf die Feinheits- und Stapellängen-Angaben in Onlineshops kann man sich nicht verlassen: Danach hätte Texel vom Wollschaf nur eine Stapellänge von 80-150 mm (tatsächlich um 200) und Wensley vom Wollschaf 20-30 (tatsächlich max. 150), Devon wäre genauso fein wie Teeswater… und die Qualität der Ware ist von Anbieter zu Anbieter ziemlich unterschiedlich.